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Erotik schreiben

 

Viele würden es gern, trauen sich aber nicht. Andere machen es eben, mögen es aber nicht besonders.  Einige drücken sich drum herum oder tun es nur im äußersten Notfall. Wenn es sich verschämt, immer gleich, mies oder so wie ein lästiges Übel anfühlt, wollen wir es nicht.  Ein paar beherrschen es aus dem FF. Die Glücklichen lieben es! Und wieder andere glauben, es gut zu können, aber das Ergebnis ist so ähnlich wie eingeschlafene Füße.

 

Die Rede ist von Sex. Nicht von Sex haben! Sondern: über Sex schreiben.

 

Sex sells. Das weiß man nicht erst seit EL James und Fifty Shades of Grey oder Charlotte Roche und all den bisweilen unappetitlichen Konglomeraten, die daraus schon entstanden sind. Seitdem gelesen wird, erhitzten mehr oder minder skandalträchtige Werke die Gemüter. Man muss nicht mit dem Decamerone anfangen oder den ollen Herrn de Sade bemühen, und welcher EL James-Fan hat schon Nabokov, Groult oder Erica Jong gelesen? D.H. Lawrence, Schnitzler, Miller? Das Kamasutra kennt wohl mittlerweile jeder.

In der heutigen Zeit erscheint uns das meiste davon (und die Aufregung darüber) ziemlich lächerlich. Die Literatur ist voll von schlechtem Sex, so voll, dass es sogar einen Award dafür gibt (wo wohl: In England natürlich. Einige der Winner sind hochdekorierte Literaten von Weltrang).  

Dieser Tage wird immer mehr draufgepackt: kaum ein Roman, egal welchen Genres, ohne erotischen Anspruch. 

Sex kann man schön, zärtlich, liebevoll beschreiben. Von langweilig bis rasant, von clean bis dreckig ist alles drin. Aber es geht auch: lecker!

Die Gewichtung ist unterschiedlich. Es gibt Liebesromane, erotische Romane, Hardcore-Romane, Porno. Splatter.  Von gar-kein-Sex über „Blümchensex“ bis torture porn ist alles zu haben. Gesunde Mischungen für geistig heile Leser gibt’s auch, man muss sie eben finden.

Die meisten Autoren wollen auch die eine oder andere Szene in dieser Richtung schreiben. Die Frage ist: wie? Im Netz gibt es einige Helferlein, die sich der Sache annehmen und Rat geben. Am Ende des Textes findet ihr ein paar Tipps.

Wir nähern uns dem brisanten Metier zur Abwechslung mal über die typischen Kriminalistik-Fragen.

 

1.       Wer – Täter?    

2.       Was – Straftat?                                                              

3.       Wann – Tatzeit?

4.       Wo – Tatort?                                                                                   

5.       Wie – Tathergang? Modus Operandi                                                                   

6.       Womit – Spuren?                                                         

7.       Warum – Motiv?

 

Wer: Skizzieren Sie Ihre Zielgruppe

 

Nicht von ungefähr fokussiert sich eines der derzeit beliebtesten Genres, Chick Lit, auf Leserinnen bis 35.

Da bin ich knapp drüber ;-)

Meine Protagonisten nennen die Dinge beim Namen, sind trotz optischer Mängel selbstbewusst genug und lieben Sex. Meine Protagonisten sind Menschen mit Erfahrung: Nicht mehr ganz jung, aber noch lange nicht fernab von Gut und Böse. Meine Bücher sind für Frauen mit Lebenserfahrung; Frauen, die wissen, was sie wollen. Vielleicht kann man sagen, dass meine Leserinnen mindestens 35 sein sollten.

Mit zwanzig hat man ein anderes Weltbild als mit Mitte dreißig. Jenseits der fünfzig ändert sich, besonders für Frauen, eine Menge. Ich habe mich auf Leserinnen zwischen 35 und 50 „eingeschossen“. Es gibt Handlung und echte Gefühle in meinen Büchern. Was nicht heißt, dass es nicht ordentlich zur Sache geht. Obwohl das Paar da schon Mitte 40 ist!

Seien Sie versichert: Auch Frauen und Männer, die schon hart aufs Rentenalter zugehen (oder bereits drin bzw. drüber sind) haben noch Sex. Okay, die Zielgruppe bei den Leserinnen dürfte kleiner sein. Schade eigentlich. So viele gebildete, erfahrene, lebensweise Menschen…

Sex soll eine passende Sprache haben, dem Alter des angepeilten Lesers angemessen sein, und das Verhalten der Protagonisten muss zu deren Charakter passen.

Unschön finde ich, wenn die Dinge abgekupfert aussehen. Nicht in jedem Kontext wirkt BSDM glaubhaft. Dominanz wird gemeinhin überbewertet.

 

Was: die Tat, oder: Okay, worum geht es hier eigentlich?

 

Sie erzählen ihren Leserinnen von anderen Menschen.

Was tut Ihre Leserin mit der Szene, die Sie geschrieben haben? Richtig: sie vergleicht. Mit anderen Büchern, die sie gelesen hat. Mit denen, die ihr gefallen haben. Aber auch mit Filmen, mit Werbung, mit ihren eigenen Erfahrungen, Wünschen, Hoffnungen und Werten.

Sie sieht ihr Buch, fühlt sich von irgendetwas angesprochen (dem Cover, dem Klappentext, der Beschreibung Ihrer Handlung). Sie weiß, dass es sich um Fiktion, um eine  Geschichte, handelt, aber das Unterbewusstsein klinkt sich ein. Es geht um den emotionalen Kern, um Verzauberung. Um Stimmung. Wenn die Leserin mit Ihrem Buch vor der Nase durch irgendeinen Satz, irgendein Wort, die falsche Haarfarbe … an ihren Schulkameraden Jens erinnert wird, der sie immer so komisch ansah, ist es vorbei.

(Das kann passieren. Nehmen Sie es nicht persönlich.)

 

Das wichtigste Sexualorgan ist der Kopf. Beugen Sie dem Leserinnen-Ausstieg vor, indem Sie sonst alles richtig machen.  Tun schreiben Sie etwas Sinnliches! Sprechen Sie alle Sinne an. Verzichten Sie auf technische Beschreibungen, die eher an eine Gebrauchsanweisung erinnern. Vermeiden Sie klinisches, kühles, sachliches Vokabular, wie es Ihnen eher beim Gynäkologen begegnen sollte, aber doch nicht in Ihrer zärtlichen, erotischen Lovestory!  Vermeiden Sie seltsame Bezeichnungen. Allzu blumig umschriebenes reizt möglicherweise nur zu Gelächter. Sie müssen Dinge nicht beim Namen nennen (falls Sie nicht wollen): Den grundsätzlichen Ablauf werden Ihre Leserinnen bestimmt kennen ;-)

 

Automatisch bewerten wir Szenen. Der Kopf nörgelt: kann das stimmen? Geht das überhaupt? Kann man beim ersten Date zu multiplen Orgasmen kommen? Lust auf den ersten Blick funktioniert zweifellos, aber bis daraus Liebe wird, dauert es normalerweise ein paar Erlebnisse lang. Und wie ist das eigentlich mit der Unfallgefahr in der Dusche, besonders als deutlich-ü-60-kg-Vollweib?

 

Das Herz beinhaltet unser Gefühl. Spricht mich an, was er/sie da treiben? Mag ich die Vorstellung ihres Äußeren? Gefällt mir das Setting, die Bilder, die mir in den Kopf kommen? Mag ich denn überhaupt das Personal (siehe: Jens, der Klassenkamerad. Der immer so guckte. Grusel.), kann ich mich bestenfalls in ihn/sie verlieben? Und: meint die Autorin das wirklich so? Ist die Szene matt und schnell vergessen wie ein one-night-stand? Oder hallt sie tief und warm nach, wie die große Liebe? Berührt Sie das, was Sie da lesen?

 

Was sagt mein Bauch zu dem Ganzen?  Hier geht es um die Stimmung, die Glaubhaftigkeit, das Bauch-Gefühl.  Stimmt der Tonfall? Nehmen Sie den Charakteren ab, was sie tun und sagen? Ist es ehrlich, authentisch, was da steht? Haben Sie Bauchschmerzen dabei, oder fühlen Sie sich wohl?

Bringt es Sie zum Lächeln? Oder lachen Sie sich kaputt? Erheiterung aus Sympathie mit einem Missgeschick oder einer hinreißenden Zärtlichkeit zwischen den beiden Hauptpersonen, oder hämisches Gelächter wegen des absolut verhauenen Ausdrucks, des gewollt-aber-nicht-gekonnt, des knapp-daneben-ist-auch-vorbei?

 

Und meine Seele ist auch involviert. Die Bilder, die mir das Buch vermittelt, die Träume und Ziele der Protagonisten: tut es mir gut? Was löst es bei mir aus? Seele ist die Essenz des Gelesenen, das, was bleibt, wenn Sie die letzte Seite hinter sich haben. Es ist das Gefühl der Verbundenheit, die Sie mit dem unbekannten Menschen haben, dessen Buch Sie lesen. Das, was sie anspricht. Die Dimension hinter allem, das Unbewusste, das, was Sie (vielleicht? Hoffentlich!) aus Mitgefühl, aus Empathie zum Weinen bringt.

 

Humor ist gut! Man kann sexuelle Handlungen witzig beschreiben. Aber: Wenn man generell nicht in der Lage ist, witzig zu schreiben, sollte man bei ausgerechnet diesem Thema lieber nicht damit anfangen.

 

Beschreiben Sie nicht zu viel. Lassen Sie Raum für Fantasie. Wenn Sie jedes optische Detail Ihres Helden genau darlegen, laufen Sie Gefahr, die 98 % der Frauen, die nicht auf genau diesen Typus Mann/Frau stehen, zu vergraulen.  Geben Sie der Leserin die Chance, ihren eigenen Traummann ins Bett der Protagonistin zu packen.

Deshalb halte ich Cover mit klaren Fotos auch für kontraproduktiv. Man guckt aufs Buch – und hat die ganze Zeit diesen bärtigen, tätowierten Fünfundzwanzigjährigen mit den eisblauen Augen im Kopf. Oder die Blondine mit dem hummerroten Schmollmund, die Ohrringe trägt, die man selber zum Schreien findet. Da fällt einem die Identifikation schwer, wenn man brünett und vierzig ist und nur 585er Echtgold an sich heranlässt. Wir erinnern uns: richtige Zielgruppe.

 

Verzichten Sie auf Klischees. Langeweile ist ganz übel. Sie entsteht, wenn die Leserin das schon achtmal irgendwo gesehen hat. Wird nur noch getoppt vom gefürchteten Seitenüberblättern aus dem Desinteresse heraus, noch mehr längst bekanntes zu finden.

 

Vorsicht bei der Erwähnung von Musik: was für die eine der Anmachsong schlechthin ist, ist für die nächste nur schlecht. Oder noch schlimmer: zum Lachen. Resultat: Stimmung futsch. Die Wahl des richtigen Ausdrucks:  Manches ist mitnichten dazu geeignet, Frauen anzutörnen.  Vor dem Benennen von Geschlechtsorganen fragen Sie sich bitte, ob deren Klang der Tonlage entspricht, in der Ihr Buch geschrieben ist. Den US-amerikanischen Begriff „coochie“ verwende ich in NbG. Das darf man vielleicht eher sagen als das Wort mit F (und dem tz in der Mitte). Auf jeden Fall hinterlässt es ein anderes Gefühl bei der Leserin. Und es sagt etwas anderes über den Mann in den Armen der Protagonisten aus.

 

 

Wo: der Tatort

 

Der Klassiker:  Sex im Fahrstuhl. Gähn. Ehrlich, gibt es Frauen, die davon noch träumen (müssen)?

Ähnlich abgelutscht: Sex im Auto, auf dem Küchentresen, auf dem Chefsessel. Oder dem Chefschreibtisch. Kann man machen. Wenn ihr das schreibt (habe ich auch schon getan), gebt dem ganzen einen Twist. Fügt etwas Unerwartetes hinzu, damit es eure Szene hervorhebt, herauskatapultiert aus der Klischeebracke. Flugzeugtoilette? Denkt an die 120 grinsenden Gesichter in der Touristenklasse, wenn ihr nacheinander aus dem winzigen Klo kommt, hektisch an den Klamotten zuppelnd, und an die bestimmte Art Blick, die euch der Dicke von 10F zuwirft, wenn ihr später nebeneinander am Gepäckband steht.

Was, am Strand?  Echt jetzt? Stell dir das mal bildlich vor, mit dem ganzen Sand, dem Watt oder den Muschelschalen. Oder den glühenden Sandkörnern. Der Hundekacke. Stelle es dir haptisch vor! Wohingegen im Wasser … oh.

Übertreibt es nicht. Gebettet auf rote Rosen mag in American Beauty toll gewesen sein, aber passt das wirklich in den Plot? Passt die Gegebenheiten an. Margeriten am Rand des heimischen Rasens sind auch toll. Oder Moos. Okay, Herbstlaub jetzt vielleicht nicht so …

 

 

Wann: die Tatzeit

 

Sex geht grundsätzlich immer und überall, sofern keine Gesetze tangiert werden. Schön ist, wenn man vom üblichen Schema abweichen kann. Und der Gelegenheit folgt. Auch wenn die Kartoffeln anbrennen oder der Hund kläfft.  Schaffen Sie Erinnerungen. Machen Sie etwas Anderes. Zu einer anderen Zeit. Nicht immer nach dem Sonntagabendkrimi. Nicht immer nur nachts.

 

 

Wie: der Modus Operandi

 

Man hat das Gefühl, es werden Satzbausteine verwendet- „Wow, ich will dich so sehr - oh bitte nimm mich – mach’s mir, Baby - oh mein Gott – OMG!!“

„Dann stieß er mit voller Kraft in ihr weit offenes Fleisch“ mag nicht jede(r) lesen. Ich jedenfalls schon mal nicht. Schon gar nicht, wenn es erotisch sein soll. Und bei „du machst mich so heiß“ denke ich eher an Brandleichen als an wachsende Libido. „Seine Hand glitt langsam an der Innenseite ihres Schenkels hinauf, bis sie den Atem anhalten musste, weil sie es vor Verlangen nicht mehr aushielt“ – hm. Geht auch. Wenn man in der neunten, na, sagen wir, zehnten Klasse ist und gewisse … Vorstellungen hat.

Was einige für Erotik halten, schieben andere schon in die Porno-Ecke ab. Wandernde Hände, wandernde Lippen. Und was hat er bloß für schöne Hände! Bei wandernden Augen ist dann aber definitiv Schluss mit jeglicher Erotik.

Seien Sie nicht zu detailtreu. Nicht jede Bewegung, nicht jeder leidenschaftliche Seufzer muss schriftlich dokumentiert werden. Das Geräusch zweier aneinander prallender, schweißfeuchter Körper vermag sich sicherlich jeder hinreichend vorzustellen. Ein paar Details darf man getrost der Fantasie der Leserinnen überlassen. Fraglich ist nämlich, ob sie das wirklich so ganz genau wissen will… oder ob Manches nicht lieber ein klein wenig im Dunklen bleiben sollte. Sprechen Sie die Sinne an, aber nicht alle auf einmal, und lassen Sie gern auch mal was weg. Wir wissen, wie es riecht. Jede Beschreibung dessen wäre ein Schuss in den Ofen, es sei denn, Sie schildern olfaktorische Paradiese wie Schokolade und exotische Nussaromen. Vorsicht mit Assoziationen wie „reifem Obst“. Das könnte auf eine andere … hm, Quelle… schließen lassen.

 

 

Womit: Spurenlage, Werkzeuge, Tatortbericht

 

Viele AutorInnen lieben die Beschreibung von Kleidung. Reizwort Reizwäsche. Och, öde. Außer, sie haben etwas ganz Neues erdacht. Dass Ihre Heldin ihr Love Interest nicht nicht in eierschalenfarbenen Baumwollschlüppern bis zur Taille empfängt, setzen wir voraus. Indes: auch ein Sport-BH kann supersexy sein. Besonders in Verbindung mit Sport. Ein Buch ist kein Film: die Leserin möchte die Gelegenheit haben, ihre eigenen Vorstellungen einzubringen.

Sex mit Hilfsmitteln: Handschellen, Kabelbinder und Nylonseile hat vermutlich mittlerweile jeder Zweite in der Schublade. Ich will nichts mehr darüber lesen. Auch darüber, wie viele Stellungswechsel die durchschnittliche Protagonistin in der ersten gemeinsamen Nacht schafft, sollte man dosiert berichten.

 

Quickie oder Longplayer: Gibt es überhaupt ein „zuwenig“? Wann ist es genug? Wann ist es zu viel? Benötigt Ihre Geschichte wirklich auf jeder dritten Seite irgendein physisches Intermezzo? Wäre ein spritziger Flirt, ein Gespräch womöglich, nicht auch schön?

 

Jetzt mal im Ernst: Wollen Sie es wirklich (schreiben)? Wollen Ihre Protagonisten es wirklich (tun)? Gibt es ein Substitut? Reicht küssen, kuscheln, knuddeln? Spannung kommt von Dringlichkeit! Wenn das Interesse eher mäßig ist – warum sollte ich das lesen wollen? Langeweile gibt’s doch schon genug, schlimmstenfalls im eigenen Leben der Leserin! Wenn Sie es wollen: Feuer frei! Es gibt keine Regeln. Fantasieren Sie, schwelgen Sie. Lassen Sie (sich) los. Streichen können Sie immer noch. Spätestens ihr Lektor tut es sowieso.

Verbotenes: Auch, wenn ihr es noch so prickelnd findet:  über Sex mit Minderjährigen, Hilflosen, Kindern, Tieren und GBL-Opfern (die Aufzählung ist nicht abschließend!) zu schreiben gehört ganz, ganz tief unten in die Schublade. Übrigens gibt es auch im Fantasyroman Grenzen, und wenn es nur dies des guten Geschmacks sind. Wie sich das mit Zentauren, Vampiren und Aliens – oder einer Kombination all dessen  – verhält,  überfordert mich. Das ist wohl etwas für einen besonderen Leserkreis. Einen kleinen.

 

Bad Boys und CEOs (auf ewig mein all star favourite!) sind omnipräsent.

Langweilig. Es gibt so tolle andere Berufe! Welche, bei denen man sich ohne große Verrenkungen in Gefahr bringen kann, sogar. „Serienstraftäter“ gehört für mich nicht dazu. Und denken Sie nicht, das bad boy jetzt schon eine Berufsbezeichnung wäre.

 

Dirty talk: Unterschätzen Sie die Dialoge nicht. Mit der Wortwahl steht und fällt (sic!) die Begeisterung. Fragen Sie sich: Reden Ihre Protagonistinnen wirklich so? Außerhalb vom Straßenstrich? Und wollen Ihre Protagonistinnen so angesprochen werden? Ohne dem Typen eine zu langen? Falls ja: Bedienen Sie sich des passenden Vokabulars. Vermeiden Sie den Griff in die Porno-Terminologie, sonst landen Sie beim Branchenriesen vielleicht in der falschen Kategorie. Oder bald auf dem Index. Wäre gut, wenn es trotzdem noch glaubhaft klingt. Oder deuten Sie gekonnt an.

 

Überhaupt: Ersinnen Sie Bilder. Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich den rundumoptimierten Körper Ihres Liebsten vor. Fühlen Sie seine Haut? Erspüren Sie die Täler und Erhebungen seiner Muskeln, egal, wie more or less definiert sie sind? Dem vielbesungenen Show, don’t tell kommt in der gefälligen Übermittlung erotischer Aktiviäten seine herausragende Rolle zu. Fühlen Sie. Zeigen Sie, wie der Bizeps des Mannes, den Sie höher lieben als den Mond, sich für sie anfühlt. Lassen Sie uns durch Ihre Fingerspitzen hindurch sehen.  Schreiben Sie nur im äußersten Notfall: „Sein Bizeps war glatt und hart.“ Visualisieren Sie, und zeigen Sie uns, was Sie da sehen. Es lohnt sich.

 

Und was ist denn jetzt mit safer sex? Wann schreibt man denn politisch korrekt was über das unvermeidliche Kondom? Ach ja.

Wir wissen, dass ihr jede Menge Verantwortungsbewusstsein habt und gehen einfach mal davon aus, dass die Leute verhüten und um ihre Sicherheit besorgt sind. Im Jugendroman kann man das nochmal extra anführen, bei erwachsenen Personen ist es manchmal ein bisschen albern. Auch wenn die Leidenschaft noch so hohe Wellen schlägt und ihr das frauentypische Bedürfnis habt, an ungewollte Schwangerschaften und übertragbare Krankheiten zu denken:  bitte schreibt darüber nichts. Es reicht. Jeder Mann und jede Frau weiß das. Und kehrt ohne Zwischenstopp aus dem siebten Himmel der literarischen Fantasie ungebremst auf den Boden der Tatsachen zurück.  Da wieder elegant zurück zu kraxeln, ist sehr schwer. Sehr, sehr schwer.

 

 

Warum: das Motiv

 

Wieso tun Sie das eigentlich? Aus welchem Grund muss genau diese Sexsache jetzt ins Buch? Tut das denn überhaupt not? Welches Gefühl bringen Sie damit rüber? Verliebtheit? Verlangen? Liebe? Druck? Oder was ganz anderes? Was denn genau?

Oder gibt es gerade sonst nichts zu erzählen? Füllen sie ein Loch im Plot? Meinen Sie, es wäre einfach mal an der Zeit? (In den drei letzteren Fällen lassen Sie es bitte einfach weg, das Fehlen wird niemandem auffallen.)

Erotik ist nicht zwingend eine sexuelle Handlung. Je nach sexueller Präferenz, Erfahrung und der Bereitschaft, ihren Helden bis ins Essgefach nachzusteigen, wollen Leser halt auch unterschiedliche Bedürfnisse erfüllt haben. Die Variation dessen ist Ihre Aufgabe. Soll heißen: Es muss nicht immer der vollzogene Beischlaf sein.  In einer meiner Lieblingsszenen steht meine Heldin mitten im Straßenverkehr steht und fantasiert so intensiv über ihren Lover, dass völlig fremde Menschen fasziniert von ihrem Gesichtsausdruck sind. Und sie berückend schön finden.  Komplett angezogen. In einer anderen Szene beschreibt er, trotz eines Kindheitstraumas, wie er aus purer Sehnsucht nach ihr Selbstbefriedigung betreibt  – ausgelöst durch die Erinnerung an den Schwung ihres Haares,  zärtlich, intensiv und erotisch, gänzlich ohne Nennung spezifischer Begriffe.

 

Tipp: Lesen Sie. Gehen Sie ins Kino. Autoren sind Vampire: Sie nutzen jeden Funken Leben der anderen, um darauf ihre Geschichten aufzubauen. Nutzen Sie Ihr eigenes (Er-)Leben! Horchen Sie in sich hinein: was geht in Ihnen vor, wenn Sie verliebt/traurig/wütend/geil sind? Was macht Ihr Körper? Welche Reaktionen beobachten/fühlen Sie? Schreiben Sie es auf. Gleich!

Also, so bald wie möglich jedenfalls. Es gibt tatsächlich Wichtigeres.

 

 

 

 

 

Literaturempfehlungen:

Dirty Writing (Ines Witka)

Erotik schreiben (Elisabeth Benedict)

I give you my body (Diana Gabaldon)

Wie man es eher nicht machen sollte, finden Sie z.B. auf Twitter: Desasterotik@germanerotica

In mein 50SoG-Traumatisierungs-Horn stößt u.a auch (neben anderen guten Tipps!): verlorenimfeuer.de/erotik-schreiben-ein-kleiner-guide/

 

Mein Lieblingsblogger zu diesem Thema ist ein (anderer!!) Mr. Gray: www.jordangrayconsulting.com

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