Kurze Info vorweg:
Ich bin gern auf Instagram unterwegs, aber nicht (mehr) auf Facebook. TikTok, twitch und YouTube ist für mich nichts.
Zwei Dinge sind passiert.
Beim #autor_innensonntag wurde vor einiger Zeit die brisante Frage nach „wie viel Marketing muss ich machen?“ gestellt (es geht um die Social-Media-Präsenz, also um einen bestimmten Bereich von Marketing-Maßnahmen).
Gleichzeitig fragt woanders jemand mit sorgenvollem Unterton: Instagram – lohnt es sich? Und ob man das Gefühl kennt: nichts verpassen zu wollen.
Und ich so: WHAT? Ich tippe was in der Art in die Kommentare, getreu dem Motto, hallo, ich will hier Spaß haben, keinen Kriegsschauplatz eröffnen, kein Marketingcrack werden, und vor allem will ich eins nicht: Druck.
Es kommt eine DM: Ob ich meinen Job nicht ernst nähme, den, meine Bücher zu vermarkten, denn das sei doch schließlich der Sinn hinter dem ganzen hier.
Oh?
Äh:
Nö.
Wie diese Dinge zusammenhängen? Ich bin kein Anfänger und muss auch nicht motiviert werden, das kann ich supergut allein. Ich brauche keine Marketing-Tipps und will auch nicht mit aller Gewalt noch mehr Blogger, denen ich dann ein Printbuch schicke, damit sie (auf Insta) eine Rezension verfassen, aus der Ratlosigkeit klingt.
Die Wahrheit ist einfach und enttäuschend, wie Wahrheiten eben so sind: Auf Instagram vermarkten sich generell keine Bücher, zumindest nicht, wenn du jemand bist, der immer noch keine fünfstellige Followerzahl hat, du Einzelschicksal, du. Das kommt daher, weil die Leute ein Buch nur dann kaufen, wenn sie es auch wirklich haben wollen. Ein Like und ein Kommentar ist schnell mal verteilt, aber vom Herzchenverteilen zum Kaufen-Button klicken ist ein sehr langer Weg.
Ich will euch nicht meine Bücher aufdrücken, aber auch nicht unbedingt eure lesen. Ich bin in den meisten Fällen nicht in eurer Zielgruppe, und ihr seid fast nie in meiner (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Ich will hier einfach Spaß haben, mich mitunter ein bisschen ablenken und einfach mal gucken, was außerhalb meiner Welt noch so los ist.
Diese Überlegungen (und ein bisschen Evaluation) haben mich zu einer sensationellen Erkenntnis geführt: Nämlich, dass meine Bücher sich tatsächlich kaum über Instagram verkaufen. Sie verkaufen sich (auch) so, und das liegt in meinem Fall an einer ganz simplen Sache: Meine Leserinnen sind nicht auf Instagram unterwegs, und alles, was ich mir hier aus den Rippen leiere, ist vertane Zeit. Und diesen Reichweitenzirkus mach ich seit einiger Zeit nicht mehr mit, das ist mir zu viel Theater.
Natürlich ist die Community schön. Führt zwar nicht zu Buchverkäufen, aber sieht hübsch aus und streichelt unser Ego. Trotzdem kann man nur wenige sehr junge Frauen für Romane begeistern, die für fast doppelt so alte Frauen geschrieben worden sind. Es wäre nicht das erste Mal, dass jüngere Leserinnen nach der Lektüre eines McGary nur noch Fragezeichen in den Augen haben.
Guckt doch mal, wie die Profis das machen. Hängen sie jeden und jeden Tag ein Bild ihrer Neuerscheinung auf die imaginäre Wäscheleine ihres Feeds, damit alle Nachbarn sehen: Oh, das Buch von XY! Schon wieder! Wie schön! Hatten wir zwar gestern erst, aber macht ja nix.
Denn bis zu einer gewissen Reichweite sind es eben nur die Nachbarn, die das sehen, respektive: eure ganz persönliche Bubble. Wenn die jetzt alle euer Buch schon haben – oder es gar nicht wollen –, setzt das ein, was viele befürchten: der Nerv-Faktor.
O Gott, schon wieder dieses Cover.
O Gott, schon wieder dieser Klappentext.
O Gott, schon wieder so ein angeblich bahnbrechender, nie dagewesener Satz, gern als Schnipsel, gern unlektoriert, gern mit Fehlern, von denen Realisten wie ich ohne Umwege auf das Buch schließen.
Und wenn die eigene Bubble nur aus Autoren und Buchbloggern besteht? Kaufen die wirklich eure Bücher? Oder sind das die Leute, die die Gratisexemplare kriegen und auf die Gewinnspiele geiern?
Die Sache funktioniert anders herum: Nicht die Follower kaufen eure Bücher, sondern eure Buchkäufer werden zu Followern (falls sie bei Insta sind). Bücher verkaufen kann man woanders viel besser, und zwar an FREMDE Leute, an Leser. Wenn die euch nach der Lektüre eures Werkes dann folgen, dann ist alles gut gelaufen.
Übrigens ist es ein Irrglaube, dass die Lektoren in dem Verlag erst mal eure SM-Profile checken. Ich bin eine davon, und euer Profil checke ich nur, wenn eure Einreichung die ersten drei Hürden genommen hat. Vorher nicht, wozu auch - vertane Zeit. Wenn ihr dann mehr zu bieten habt als ein paar tausend Follower (sofern es sich um echte Follower handelt), dann interessiert uns euer Profil. Sonst nicht. Vor allem aber muss man: schreiben können. Verlage, die euch wegen eurer 1,7 K Follower nehmen, braucht kein Mensch.
Erkenntnis Nr. 2: Die Anzahl der Follower zählt vielleicht für die Reichweite und für einen Algorithmus, der sich alle paar Wochen ändert, aber nicht für den Erfolg eures Buches.
Wir bewegen uns hier in einer engen Bubble. Immer die gleichen Leute sehen immer die gleichen Sachen. Glaubt ihr wirklich, die 70. Wiederholung bringt es? Wenn ich etwas nicht lesen will, ändert auch das 45. Canva-Bildchen im Buchcoverfarbmodus nichts daran, im Gegenteil. Seid sparsam mit dem Ewiggleichen, oder, anders formuliert: nervt nicht.
Die meisten Autorenkarrieren enden so schnell, wie sie begonnen haben. Natürlich sollt ihr stolz sein auf euer erstes Buch, stolz wie Oskar, bitte! Das ist eine Riesenleistung.
Aber jetzt kommt noch eine ganz unangenehme Wahrheit. Es ist nicht leicht, über das zweite und das dritte Buch hinauszukommen. Eine bestimmte Sache wird von Debütanten gern vernachlässigt: die Korrektur. Das ist das Geheimnis, warum bei Serien und Reihen sehr oft der erste Band der Beste ist und die Bewertungszahlen sukzessive fallen.
Startet so gut wie möglich. Ihr braucht eine Pole Position! Natürlich wächst man an seiner Arbeit und gewinnt Erfahrung beim simplen doing, aber schon euer erster Versuch muss beim Start so gut wie möglich sein. Wie viele eurer Follower haben Euer Buch gekauft? Also nicht nur gelesen, sondern richtig gekauft? Habt ihr diese Follower vor oder nach dem Launch gehabt?
Die Letzteren sind die besseren. Blogger sind toll als Multiplikatoren. Insta ist gut zum Abchecken von Strömungen. Wem gefällt was? Und um zu gucken, was die anderen so machen. Wer ist euer Publikum? Wenn ihr New Adult schreibt oder Stoff für noch jüngere Lesejunkies, seid ihr hier genau richtig. Wenn ihr es mit Erwachsenen zu tun habt, wird es schon schwieriger. Ist eure ü-40-Zielgruppe wirklich auf Instagram? Und suchen die sich ihre Bücher nicht woanders? Findet heraus, wo.
Instagram ist aber immer noch besser als Facebook, diese altbackene Mühle aus Kritikern, selbsternannten Buchbeurteilungsgurus und ominipotenten Ratgeberonkels und -tanten, die sich mit schwachem Content überbieten. Niemals würde ich mich in einer dieser "Kalender" wiederfinden wollen, wozu auch, damit mich die Autoren sehen, von denen BoD angibt, dass sie im Durchschnitt 18 Exemplare ihres Werkes verkaufen - insgesamt?
Ich will Leser, nicht noch mehr Neider!
Marketing, ohne Geld in die Hand zu nehmen, funktioniert nur höchst selten. Das Öde bei Insta ist, dass sich alles so oft wiederholt. Wenn ich mich dann erbarme und nachgucke, bin ich ganz oft enttäuscht, aber Realismus ist sowieso out. Je mehr man ein Buch sieht, desto weniger wagen es die Blogger, was dagegen zu sagen. Schlechte Rezi bei einem gehypten Buch? Blasphemie!
Social Media ist vor allem dann gut, wenn ihr schon eine Fanbase habt, bevor das Buch erscheint. Um eure Bücher zu verkaufen, müsst ihr andere Geschütze auffahren. Dazu wird man in den meisten Fällen auch was bezahlen müssen. Und schließt euch jemanden an! Einem Verband zum Beispiel.
Also, welche Währung ist die bessere: Zeit oder Geld? Das mag jetzt arrogant klingen, aber für mich ist es Zeit.
Die beste Werbung ist tatsächlich, das nächste Buch auf den Markt zu bringen. Ihr müsst immer nachsteuern. Mit einem oder zwei Büchern kommt ihr nicht weit - ihr braucht eine Backlist. Das mit den Ausnahmen hatte ich ja schon gesagt.
Als Autor wird man nicht erfolgreich, indem man fehlerhafte Schnipsel bei Insta postet oder seine Zeit damit verplempert, kleine Geschichten für unbedeutende Anthologien zu schaffen. Sich die richtigen Tipps auf Insta zu suchen ist mühsam, ein bisschen so, wie die Sache bei Cinderella mit den Linsen in der Asche. Natürlich geht es hier nicht um Hochliteratur, sondern um Unterhaltung.
Achtung, das wird jetzt ein bisschen gemein. Alles unter 50 Rezis zählt nicht, und wichtig für die Masse ist nur, wie groß der Stapel eurer Bücher ist, die in der Buchhandlung liegen.
Das Autor wird man erfolgreich, wenn man sich auf das konzentriert, was man wirklich will: richtige Bücher mit richtigen Lesern und vielen Bewertungen. Denn tatsächlich gucken die Leser nur auf das, was hinter dem Stern bei Amazon steht. Das ist zu schaffen, auch als Selfpublisher!
Instagram ist wie ein großer, bunter Spielplatz: Hier eine Challenge, dort eine Geschichte, da eine Anthologie und dort der 28. wiederkehrende Schreibtipp … alle spielen auf Insta herum und wundern sich, dass sie fürs Buch ein Jahr brauchen. Und alle sind gestresst. Hey, spielen ist spitze! Aber verliert nicht das Ziel aus den Augen.
Wenn es an Spaß mangelt, an Stress jedoch keineswegs, und der Aktionismus trotzdem nicht zu steigenden Verkaufszahlen führt - warum macht ihr das dann?
Apropos Ziel: Welche Follower wollt ihr? Die anderen Autorenspielkameraden? Oder jemanden, der sich für euch interessiert und nicht nur dafür, selbst möglichst gut wegzukommen?
Ich habe das Gefühl, einige definieren sich nur über Instagram oder Facebook. Das sieht für mich überhaupt nicht nach Spaß aus. Das sieht verbissen aus.
Beispiel: Ich mache gern Jury-Arbeit. Fast alljährlich prüfe ich (mit einigen anderen zusammen) die Einreichungen für einen größeren Wettbewerb. Es zeigt sich, dass leider ganz viele Bewerber nicht mal den Mindestanforderungen genügen. Was man beim Schreiben unterlassen sollte, wird hier doch bei dutzenden von Challenges, Schreibtipps und unter zig Hashtags aller Art erklärt, warum halten sich dann so wenige Autoren daran?
Bei der Verlagsarbeit ist das so ähnlich. Überall wird erläutert, wie man Exposés schreibt, wie eine Autorenvita auszusehen hat und wie das Anschreiben bitteschön nicht aussehen sollte. Warum sind dann trotzdem diese Kommafehler auf Seite 1? Warum ist das Kapitel da voller Infodump? Wieso spart dieser Thrillerautor, der doch angeblich so exakt schreibt, nicht an Adjektiven? Und wie kommt man auf die Idee, dass das alles ein armer Lektor ausbessert? Oder, andersrum: Wie kommt man dazu, anzunehmen, dass kleinere Verlage dazu überhaupt in der Lage sind? Sind sie nämlich ganz oft nicht.
Megan ist aber Selfpublisher (und Verlagsautorin, aber das ist eine andere Geschichte). Und der Trick ist, Leser zu finden und nicht die anderen Autoren, die alle mit den gleichen Schwierigkeiten kämpfen und sich teilweise bitterlich in aller Öffentlichkeit darüber beklagen: dieser nervige Brotjob! Immer so wenig Zeit! Man verdient nichts! Schon wieder drei Follower verloren (ach du grüne Neune. Tschö mit Ö! Reisende soll man nicht aufhalten!). Bei dem ganzen Geheule, dass da herrscht, hätte ich als Leser ja schon keine Lust mehr. Wenn das mit der ganzen Schreiberei so schwer ist, dann möchte man das doch von niemandem verlangen! Das ist ja wie Gladiatorenkampf: jemand opfert sich, damit ich unterhalten werde. Ach nein, dass sich jemand so aufopfert, nee, das möchte ich nicht.
Es geht nicht darum, auf Instagram erfolgreich zu sein, sondern in den Buchhandlungen, ob online oder stationär.
Instagram (oder Facebook, Twitter, YouTube, whatever) kann immer nur ein Bonus sein.
Erfolg ist, wenn man Bücher verkauft, und zwar ohne dieses ganze Gedöns. Was war zuerst da? Bücher? Euer Schreiben? Oder eine Plattform, die euch suggeriert, dass jeder eurer Follower auch das Buch haben will, das aber in der Realität irgendwie nicht so ist? Also. Instagram hat einen gewissen Spaßfaktor, hübsche Bilder (manchmal sogar von Büchern), liebe Leute, und vielleicht ergeben sich daraus ein paar Verkäufe mehr, aber wenn nicht, ist es doch auch egal.
Die Frage ist, womit ich mehr Zeit verbringen möchte/sollte. Die Antwort lautet selbstverständlich: nicht mit Instagram! Insta ist was für Pausen im Arbeitstag, und dafür ist es echt toll. Wenn man das beherzigt, schafft man auch drei Bücher im Jahr. Die dann die anderen, bereits existierenden Bücher befeuern. Und dann schreibt man noch zwei oder drei oder vielleicht auch nur mal eins jährlich. Oder vier. Prinzip verstanden?
Und für Werbung muss man halt mal Kohle investieren, am besten die, die man nach Abzug aller Unkosten mit dem Buch schon verdient hat. Denn das man mit Büchern auch irgendwo mal Geld verdienen sollte, ist auch so etwas, das noch nicht jeder verinnerlicht hat. "Ich schreibe in erster Linie für mich selbst", heißt die dazu passende beschönigende Umschreibung.
Genau. Finde den Fehler!
Ich schreibe nicht für mich, sondern für Leser, und das mache ich ausgesprochen gern, und deswegen mach ich jetzt mal damit weiter.
Tschüssi und viel Erfolg euch allen!
©meg mcgary 09/2022
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